Allegrini

Vor 40 Jahren wurde der Valpolicella in einem Atemzug mit dem Chianti genannt – anspruchslose, leichte, fruchtig-frische Weine, die keine längere Lagerung lohnten. Nur Kenner der Gegend von Verona raunten schon damals von Weinen, die dort in geringer Menge erzeugt würden. Vor allem der Amarone, ein alkoholreiches rotes Monster voller überbordender Aromen sei ein Wein, den niemand vergessen könne.

Er verdankte seine charakteristische Eigenart dem „Passito“-Verfahren. Die reifen Trauben wurden nach der Lese bis zum Januar in einer kühlen Scheuer zum Trocknen aufgehängt. Dabei schrumpeln die Beeren ein, wobei die Winzer peinlich genau darauf achten, dass sich keine Botrytis bildet, die den Geschmack in eine unerwünschte Richtung drängen würde.

Heute weiß die ganze Weinwelt, dass der Amarone zu den größten Rotweinen der Welt gehört. Noch besser: Er ist so eigenständig, dass man ihn nicht kopieren kann. Zu verdanken ist die große Karriere des Amarone vor allem Franco Allegrini und seinem Vater Giovanni.

Der war Spross einer Familie, die hier seit vielen Generationen Wein erzeugte. Er war stolz auf seine Heimat und die dort erzeugten Weine, und deshalb behagte es ihm gar nicht, dass so viele Hektoliter uninteressanter Weine hier erzeugt wurden. Mit solidem önologischem Sachverstand bewaffnet, machte er sich daran, seine eigenen Konzepte durchzusetzen. Das bedeutete vor allem: Konzentration auf Einzellagen.

Im Weinberg blieb er traditionell. Die Pflanzdichte in den Weinbergen der Familie, die sich immerhin über 116 Hektar erstrecken, liegt bei nur rund 1500 Stöcken pro Hektar, und an vielen Stellen werden die Stöcke als Pergolen gezogen.

Basis aller Rotweine der Allegrinis sind die einheimischen Rebsorten Corvina Veronese, Rondinella und Molinara. Beim Trockner der Weintrauben allerdings setzte schon Giovanni auf moderne Klimatisierung, um die Temperatur und die Luftzufuhr steuern zu können.

Sein Sohn Franco, beraten von Winemaker Stefano Chioccioli, hat an den Abläufen nicht viel geändert. Er experimentiert ein wenig mit dem Ausbau mancher Weine im Barrique, und er hat neue Cuvées geschaffen. Die kommen teilweise ohne das Passito-Verfahren aus. Ansonsten setzt er ganz wie sein Vater auf sorgfältige Weinbergspflege und untadelige Kellerhygiene.

Natürlich kennt Franco Allegrini andere große Rotweine und respektiert sie auch, aber er will, dass der Amarone einzigartig bleibt. Das heißt, die Extraktion ist bewusst niedriger als bei anderen Weinen. Auch wenn es analytisch nicht immer nachweisbar ist, scheint der Amarone etwas mehr Säure zu haben als andere große Rotweine. Im Gegenzug aber sind sie von einer so exotischen Fruchtigkeit, dass der Weine gut zu klassischer europäischer Küche passt, aber fast noch besser zur Küche des pazifischen Raumes von Thailand bis Kalifornien.

Überrascht waren Italiens Weinkritiker, als der „Vigneto La Poja“ herauskam, der zu 100 Prozent aus Corvina Veronese besteht. Die Überraschung wich schnell der Begeisterung. Für den „Vigneto La Grola“ opferte Allegrini freiwillig den DOC-Status, indem er etwas Syrah und Sangiovese beimischte.

„Palazzo della Torre“ schließlich ist ein fast klassischer Amarone, bei dem allerdings nur 30 Prozent der Trauben getrocknet wurden. Das macht den Wein weicher, zugänglicher und begrenzt den Alkoholgehalt auf ein gewohntes Maß.