Unter den italienischen Önologen ist Maurizio Castelli einer der wichtigsten. Er war entscheidend an der Entwicklung der Supertuscans jeglicher Spielart beteiligt, hat unzählige Erzeuger beraten und tatkräftig dazu beigetragen, die Weinberge und –keller Italiens auf den heutigen Stand der Technik zu bringen.
Aber auch der erfolgreichste Berater verspürt irgendwann den Ehrgeiz, sich mit eigenen Projekten zu verwirklichen, bei denen ihm niemand dreinreden kann. Das junge Weingut Podere 414 im DOC-Gebiet Morellino di Scansano ist ein solches Projekt. Aber Maurizio Castelli ist gar nicht unbedingt darauf aus, selbst die Lorbeeren für einen heute schon sehr guten Wein einzustreichen.
Er hat vielmehr in einer sehr guten Lage bei Montiano ein Landgut von 31,5 Hektar gekauft, mit dem er noch Großes vorhat. Ihm schwebt ein integrierter landwirtschaftlicher Betrieb vor, nach biodynamischen Prinzipien geführt, mit Weinbau, Getreide, aber auch Rindern und Schafen.
Ironischerweise wäre das die Rückkehr zu den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Krieg, als zumal in der Toskana genau dieses integrierte Wirtschaften in der Landwirtschaft typisch war – allerdings bei bescheidener Produktqualität, da damals kein Landgut über die umfassenden Kenntnisse verfügte, die der berühmte promovierte Agraringenieur Castelli im Laufe seines Lebens erworben hat.
Das alles ist ohnehin im Moment Zukunftsmusik, denn zunächst geht es nur um Wein. Elf Hektar hat Simone Castelli, Maurizios Sohn, bisher angepflanzt. Simone hat wie sein Vater an der Universität von Florenz studiert und wurde nun mit der eigenständigen Verantwortung für das neue Weingut betraut. Weniger freundlich formuliert: Vater Castelli wollte verhindern, dass der Filius mit Anfang 20 auf dumme Gedanken kommt….
Davon scheint der weit entfernt. Er rackert sich mit seiner griechischen Frau Maja redlich ab für den Wein. Die Rebflächen sind hochmodern angelegt, die Pflanzdichte ist mit 6800 Stöcken pro Hektar sehr hoch, der Durchschnittsertrag liegt mit 40 Hektolitern pro Hektar niedrig. Gut 85 Prozent der Rebflächen sind mit Sangiovese bestockt, den Rest machen Ciliegiolo, Alicante (Grenache) und Colorino unter sich aus.
Der Wein wird unter blitzsauber-hygienischen Bedingungen konventionell bereitet: Simone Castelli verlässt sich ganz auf die Arbeit natürlicher Hefen. Die Gärungszeit liegt zwischen 15 und 20 Tagen, wobei der Traubenhut oft unter den Most gestoßen wird, damit die Polyphenole optimal extrahiert werden können. Der Ausbau erfolgt ausschließlich in kleinen Holzfässern – zu 75 Prozent in Barriques von 225 Litern Größe, zu 25 Prozent in Tonneaux, die 500 Liter fassen.
In den Anfangsjahren der Kellerei – die ältesten Weinstöcke tragen im siebten Jahr – wird nur ein einziger Wein produziert, ein Morellino di Scansano. Vater und Sohn Castelli streben nach einem Wein dunkler Farbe mit intensiven Frucht-Aromen, mittlerem Körper, einem leichten Holzton und keineswegs überreif wirkend. Kein Zweifel: Mit den ersten Jahrgängen sind sie exakt im Ziel gelandet.
Bleibt nur noch die Frage nach dem Namen. Maurizio Castelli lacht. Er hasst blumige Phantasienamen, und deshalb ist er bei der Benennung des Gutes den entgegengesetzten Weg gegangen. 414 – das ist im Kataster der Region die Nummer des Areals. Prosaischer geht’s nicht. Das soll zeigen: Hier geht es nur ums Produkt. Ablenkung ist nicht vorgesehen.