Altesino

Nach Montalcino fährt der Besucher meist aus Richtung Siena. Und es ist immer ein ganz besonderes Erlebnis, durch die flirrende Luft eines heißen Sommerabends – rund um das alte Festungsstädtchen Montalcino ist es immer merklich heißer als im Chianti Classico – sich der Azienda Altesino zu nähern. Sie war und ist vor dem hoch gelegenen Montalcino das logische erste Ziel, und ist man angekommen, wird man belohnt durch die phantastischen Farben rund um die Gutsgebäude, die in der Hitze träge vor sich hin zu dämmern scheinen.

Aber das täuscht. Altesino verkörpert exemplarisch die schnelle Veränderung der italienischen Weinlandschaft. 1976 war das Gut unter seinem Besitzer Claudio Basla eines der ersten Weingüter in Montalcino, das neue Wege beschritt. Besseres Weinbergsmanagement, neues Marketing, neue Weinstile.

Denn der Brunello ist ein konservativer Tropfen. Extrem langer Ausbau im großen Holzfass – das war das Credo der DOC. Der Wein wird bis heute fast unverändert nach diesem Muster bereitet, und das forderte andere Weintypen, die mit anderen Methoden und neuen Rebsorten erzeugt werden, geradezu heraus. Altesino war hierbei ein Vorreiter.

Ich hoffe, dass sich durch den Verkauf des Gutes 2002 an Elisabetta Gnudi Angelini, die ihr Vermögen in der Pharmaindustrie verdient hat, nichts an der qualitativen Ausrichtung ändert. Grund zur Hoffnung ist, dass sich in der Führung des Gutes praktisch nichts geändert hat. Neben Basla ist auch Claudio Rivella, der Önologe, der die Neuaufstellung des Gutes seit 30 Jahren maßgeblich mit gestaltet hat, an Bord geblieben.

Berühmt ist Altesino neben seinem normalen Brunello (so wird rund um Montalcino der örtliche Klon des Sangiovese genannt) für einen der wenigen Lagen-Brunellos. Der „Montosoli“ wächst auf fünf Hektar einer noch etwas heißeren Einzellage, in der die Trauben besonders zuverlässig ausreifen. Hier entsteht eine geradezu überbordende Fruchtigkeit, die durch lange Lagerung gebändigt werden muss.

Aber es war bei der Einführung des Montosoli 1983 schon ein besonderes Wagnis gewesen, mit einem „Cru“ auf den Markt zu kommen.  Das Risiko wurde belohnt.

Noch waghalsiger erschien es in den 90er Jahren, ausgerechnet in Montalcino Cabernet und Merlot anzupflanzen. Aber der sofortige Erfolg der Weine „Palazzo Altesi“ und „Alte d’Altesi“ lud sofort Nachahmer ein. Der „Alte“ war ursprünglich eine Cuvée im bewährten Mischungsverhältnis von zwei Dritteln Sangiovese und einem Drittel Cabernet. Heute besteht er zu je einem Drittel aus Sangiovese, Cabernet und Merlot. Ausgebaut wird er im Barrique.

Gleiches gilt für den Palazzo Altesi, der einer ganz anderen Philosophie verpflichtet ist. Er ist ein reiner Sangiovese, der allerdings durch die Zugabe von 20 Prozent ganzer Beeren, die eine macération carbonique durchlaufen haben, zugänglicher wird. Dem Palazzo Altesi wird von seinen Fans eine „burgunderhafte“ Weinheit und Opulenz nachgesagt.