Was für ein wunderbares Weingut, und was für ein standhafter Mann, dieser Roberto Anselmi. Er schafft es, ausgerechnet in Soave einige der schönsten und rassigsten Weißweine Italiens zu erzeugen. Dabei wird es ihm alles andere als leicht gemacht. Seit den 50er Jahren wurde die Produktion von Soave gewaltig ausgeweitet, und es scheint, als ob die seit mindestens 20 Jahren in ganz Italien zu beobachtenden Tendenzen hin zu Verringerung der Erntemenge bei gleichzeitiger Steigerung der Qualität hier unbemerkt geblieben wären. Soave will jedenfalls so weitermachen wie bisher, und das hat Roberto Anselmi dazu veranlasst, im Jahr 2000 die DOC zu verlassen und seine Weine als IGT auf den Markt zu bringen.
Gut für Anselmi, schlecht für den Soave. Denn dass Bekanntheit nicht immer ein Vorteil sein muss, demonstriert die DOC Soave zur Genüge. Jeder kennt diesen Wein – aber niemand scheint ihn besonders zu mögen. Das scheint sogar Methode zu sein: Die Weinstöcke werden hier gewöhnlich als Pergola erzogen, die Hektarerträge sind riesig – und dabei kommt ein Wein heraus, der so gesichts- und charakterlos ist, dass man ihn allen Supermarktkunden vorzusetzen können glaubt. In zynischer Stimmung möchte man ausrufen: Was für eine Geringschätzung der Kunden!
Es zeichnete Roberto Anselmi schon früh aus, dass er diesen Unsinn nicht mitmachen wollte. Dabei hatte er sich auch gegen seinen Vater durchzusetzen, der den Betrieb 1948 gegründet hatte. Aber er setzte sich mit Entschlossenheit durch und bestand darauf, die Rebstöcke nach dem Guyot-Verfahren zu erziehen und die Erträge rigoros zu begrenzen.
Damit zeigt er der Weinwelt seit 1980, dass ein gut gemachter Soave so gut sein kann wie ein junger Chablis, mit dem Anselmis Weine in der Tat viel Ähnlichkeit haben, obwohl sie nicht aus Chardonnay, sondern aus den ortstypischen Sorten Garganega und Trebbiano di Soave bereitet werden.
Anselmi besteht in seinen 50 Hektar Weinbergen (und in den Lagen seiner Vertragswinzer, die weitere 30 Hektar bearbeiten) auf einer späten, selektiven Lese mit bis zu einem Dutzend Durchgängen. So kann er sicher sein, absolut gesundes und reifes Lesegut zu ernten. Und schon sein San Vincenzo, der Basis-„Soave“ Anselmis, ist ein Paradebeispiel für das, was hier auf großem Maßstab möglich wäre.
Die Lagen-Weine Capitel Foscarino und Capitel Croce sind Preziosen für Liebhaber. Foscarino ist eine Cuvée von Garganega und Trebbiano, während Croce zu 100 % aus Garganega besteht – und im Barrique ausgebaut ist. Beide Weine sind körperreich, Foscarino ist geprägt durch seine Gewürz- und Fruchtaromen, während Croce das Eichenholz anzumerken ist. Diese beiden großen Weine zielen auf Gourmets, die zu unterschiedlichen Gelegenheiten in der Schatztruhe unterschiedlicher Weinstile stöbern wollen.
Worüber sich Roberto Anselmi neben dem nachhaltigen Erfolg seiner Weine vor allem freut: Er ist nicht mehr der einzige Winzer in der Region Soave, der Qualität produziert. Das macht auch ihm – und seinen Partnern im Weinhandel – das Leben etwas leichter.