Zu berichten ist von einem kleinen Weingut, das gleichwohl eine für die Entwicklung des Vino Nobile di Montepulciano große Bedeutung hat. Kaum mehr als zehn Hektar werden von den Marchesi de Ferrari-Corradi auf Boscarelli, einem Gut, das sich seit 1962 im Familienbesitz befindet, kultiviert. Aber in den 70er Jahren stellte sich bei Vergleichsproben heraus, dass die Weine des Gutes in aller Stille zu einer bis dato in Montepulciano vollkommen unbekannten Qualität gemausert hatten. Das gab allen Nachbarn Stoff zum Nachdenken und war einer der wichtigsten Anstöße für die Entwicklung Montepulcianos hin zu überzeugender Qualität.
Die Geschichte des Gutes ist für viele Orte der Toskana typisch. Egidio Corradi hatte sich in den malerisch-verkommenen kleinen Gutshof verliebt, und auch er wollte allen zeigen, was man alles daraus machen konnte. An ein gemütliches Wochenenddomizil dachte er dabei nicht, sondern an ein kleines und feines Weingut. Bei diesen Plänen wurde er von seiner Tochter Paola und ihrem Mann Ippolito de Ferrari unterstützt.
Seit 1983 führt die Marchesa Paola das Gut zusammen mit ihren Söhnen Luca und Niccolò. Sie haben eine sehr klare Vorstellung davon, was sie wollen: Beste Qualität, aber Begrenzung auf eine relativ geringe Flaschenzahl, die man gerade noch handhaben kann, ohne zu einem Großunternehmen zu werden. Sie haben auch keinerlei Neigung, ihre stille Beharrlichkeit aufzugeben und mit lautem Marketing auf sich aufmerksam zu machen.
Also produzieren die Ferrari-Corradi nur zwischen 70 000 und 80 000 Flaschen. Schon der normale Vino Nobile, ausgebaut in Tonneaux und großen Holzfässern, gehört regelmäßig zu den besten Weinen Montepulcianos. Die Riserva Vigna del Nocio stammt von gut drei Hektar einer von der Sonne besonders heißen, aber nicht zu trockenen Einzellage. Mehr als 12 000 Flaschen von diesem begehrten Soff gibt es in keinem Jahr.
Der Boscarelli ist eine Cuvée, die zur Hälfte aus Prugnolo Gentile besteht. Die andere Hälfte besteht zu gleichen Teilen aus Cabernet Sauvignon und Merlot, der in den 90er Jahren neu angepflanzt wurde. Durch den Ausbau in neuen Barriques und Tonneaux wird dieser Wein dunkel, komplex, rund und körperreich.
Immer mehr Weintrinker finden, dass Boscarelli süchtig macht.